„Velkomin heim“ –  „Willkommen daheim“ werden mein ältester Freund Marco und ich auf dem Flughafen von Keflavik begrüßt. Natürlich standesgemäß bei Regen. Nun bin ich also in dem Land angekommen, das mich seit der Weihnachtsserie „Nonni und Manni“ nicht mehr losgelassen hat. In dem Land von Feuer und Eis, von Licht und Lava. Auf Island wird mein erster Romantasy spielen.

Ein bisschen enttäuscht bin ich anfangs ja schon. Island ist flach wie ein Teller und so karg, dass ich mich schon frage, ob  wir nicht aus Versehen auf dem Mond gelandet sind. Doch je weiter wir uns vom Flughafen wegbewegen, desto mehr fasziniert mich die Landschaft. Die Bergkuppen in der Ferne leuchten schwefelgelb, rostrot und kupferfarben, die bizarren Gesteinsbrocken rechts und links der Straße schmücken weiche Teppiche aus Moos und Flechten. Einer davon sieht aus wie eine versteinerte Fledermaus. Überhaupt würde es mich nicht wundern, wenn gleich ein keulenschwingender Ork vor unser Auto springen oder ein spitzohriger Elf hinter einem der Felsen hervorluken würde. Nach Reykjavik wird die Landschaft bunter. Die Felsbrocken weichen Wiesen, auf denen Schafe mit dickem, verfilzten Fell und Ponys in allen Farben grasen. Halt! Nicht Ponys! Pferde!!! In der Hinsicht versteht der ansonsten so freundliche und humorvolle Isländer keinen Spaß. Genauso wie in Hinsicht auf das Kleine Volk, das auf der Insel lebt. Wenn die Isländer vermuten, dass in einem Stein eine Elfen- oder Trollfamilie wohnt, wird die Straße herumgebaut, in vielen Gärten sehe ich  Elfenhäuser. Sie sind winzig. Die Elfen, über die ich in Faye schreibe, würden zumindest nicht dort wohnen können. Der erste Halt auf unserer Reise ist der  Strokkor, der aktivste Geysir ins Island. Er bricht alle vier bis zehn Minuten aus und erreicht dabei eine Höhe von bis zu 20 Metern, habe ich im Internet gelesen. Ich bin richtig aufgeregt, als ich mich neben die vielen Touristen einreihe und in das blubbernde, qualmende und nach Schwefel riechende Loch schaue. Der Strokkor lässt sich Zeit, aber dann kommt Bewegung in das Wasser und mit einem gigantischen Puff schießt er empor. Bestimmt eine Stunde stehen Marco und ich dort, weil wir uns an dem Schauspiel einfach nicht sattsehen können.   Das nächste Highlight ist der Gullfoss, der Goldene Wasserfall. In zwei gewaltigen Kaskaden stürzt er sich 70 Meter in die Tiefe, sein Rauschen hören wir schon lange, bevor wir ihn sehen. Wow!, denke ich, als Marco und ich vor den gigantischen Wassermassen stehen. Wo ist mein Handy?, denken vermutlich die überwiegend amerikanischen und japanischen Touristen, und die meiste Zeit stehen sie mit dem Rücken zum Wasserfall, um sich zu fotografieren. Schade! Das Naturschauspiel ist gigantisch. Ein Selfie musste aber natürlich schon sein …   Das Hotel Drangshlid, wo wir am Abend einkehren, ist einfach, aber sauber und zweckmäßig. Da auch Faye in der Gegend rum um Vik y Myrdal ihre Abenteuer erlebt, beschließen Marco und ich, dort wohnen zu bleiben. Außerdem können wir ein bisschen Erholung gut gebrauchen. Und genau die stellt sich auf unserer Reise ziemlich schnell ein: die Stille, die gute Luft, die viele Bewegung und die überwältigende Natur sorgen dafür, dass wir schlafen wie die Murmeltiere und uns am nächsten Morgen wie neugeboren fühlen. In den nächsten Tagen spazieren stundenlang am Schwarzen Strand von Vik entlang, wir erforschen die Halbinsel Dyrholaey, wandern den Skogarfoss hinauf bis zu der Spitze eines Berges, kraxeln am Fuß eines Millionen Jahre alten Gletschers herum, lassen uns den schwarzen Sand in der türkisblau leuchtenden Eislagune durch die Finger rinnen und besuchen das verlassene Naturschwimmbad Seljavallalaug, das mitten in den Hügeln liegt.  Badesachen haben Marco und ich dabei, aber es ist bitterkalt, und das Wasser der heißen Quelle nicht warm genug, dass wir dort schwimmen gehen. Bereits auf dem Rückweg bedauere ich es, und ich beschließe, abenteuerlustiger zu werden. Bereits am Abend bekomme ich die Gelegenheit dazu. Marco und ich möchten unbedingt ein Flugzeugwrack besuchen, das schon seit Jahrzehnten verlassen am Schwarzen Strand liegt und das zu den Hauptfotomotiven im Süden von Island gehört. Als wir auf dem Parkplatz ankommen, ist es schon ziemlich spät, doch wir beschließen, uns von der einbrechenden Dunkelheit nicht abschrecken zu lassen. Der Weg ist länger als angenommen, und die Sonne steht schon nah an der Horizontlinie, als wir endlich ankommen. Inmitten der Steinwüste hat es etwas Surreales an sich. Von Einschusslöchern durchsiebt und von jahrelang darüber hinwegfegenden Polarstürmen ist es kaum mehr als ein Gerippe. Die postapokalyptische Szene wird durch den Wind, der durch das Wrack heult und den Mond, der als blasse Scheibe über allem wacht, noch verstärkt. Um diese Uhrzeit sind nur noch wenige Touristen unterwegs, auf dem Rückweg sind Marco und ich sogar ganz allein. Ein bisschen unheimlich ist das ja schon, nur vom fahlen Licht des Mondes beschienen, durch diese unwirkliche Mondlandschaft zu wandern. Am letzten Tag unserer Reise wartet noch ein besonderes Highlight auf mich. Marco und ich fahren nach Vik y Myrdal, wo ich den Roman spielen lassen möchte. Vik, wie die Isländer das Dorf nennen, ist jedoch richtig hässlich. Einziges Highlight ist die Lage direkt am Schwarzen Strand und eine Kirche, die über dem Ort thront. Ich beschließe spontan, Faye nicht hier, sondern in einem fiktiven Örtchen namens Kirjuvik spielen zu lassen, und auf dem Rückweg finde ich diesen Ort. Es regnet so heftig, dass kurz anhalten, weil ich überhaupt nichts sehe. If you don´t like the whether, wait five minutes, sagt man in Großbritannien, erzählt mir Marco, der in London lebt. Es gilt auch für Island. Kurz darauf lässt der sinnflutartige Regen schon nach, am Himmel erscheint ein leuchtender Regenbogen und dahinter – mein ganz persönliches Auenland. Wald gibt es auf Island kaum, aber vor mir liegt inmitten von leuchtend senfgelben Hügeln ein Wäldchen. Mit einem Häuschen darin, zu dem eine Brücke führt. In der Ferne sehe ich einen kleinen Wasserfall. Faye, ihre Mutter Julia, Maria und Lilja haben ein Zuhause, und obwohl es in dieser Hügellandschaft weit und breit kein Dorf gibt, sehe ich Kirkjuvik so lebendig vor mir, als sei es eine Szene aus einem Film. Am nächsten Tag geht es nach Frankfurt zur Buchmesse und bereits im Flugzeug habe ich Heimweh nach diesem wilden, rauen, magischen Land und seinen lauten, lustigen und zum Teil ziemlich kauzigen Bewohnern. In der Wolkendecke unter mir erkenne ich Riesen, Drachen, Elfen … Gut, dass ich während des Schreibens zumindest in Gedanken immer wieder dorthin zurückkehren kann!

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