Tag 5:
Auf der Fahrt nach Lucca begegnet mir die Toskana, wie man sie von Fotos und aus Filmen kennt. Kleine Städtchen mit terracottafarbene Häuschen, Olivenbäume, Hügel, wilde Blumen und das alles unter einem milchig-blauen Himmel. In Viareggio habe ich mich kurz vor meiner Abfahrt noch schnell ins Internet eingeloggt und nach einer geeigneten Location für eine (Goldene) Hochzeit in der Nähe von Lucca gesucht und sofort eine wunderschöne Villa gefunden, dich ich jetzt mit Hilfe meines reparierten Navis suchen werde.
„Wow!“, denke ich, als ich die bambusgesäumte Auffahrt hochfahre und vor dem Gebäude stehe und schier vom Hocker falle ich, als mich die freundliche Frau von der Rezension durch das Hotel führt: Betten mit Baldachinen auf den Zimmern, mit Stoff bespannte und mit Ornamenten verzierte Wände und dann auch noch dieser weitläufige Park mit den alten efeubewachsenen Bäumen und dann auch noch ein Pool. Hier muss ich unbedingt wieder hin!
Kurz bevor ich den Endpunkt meiner Reise, Vinci, erreiche, ist auch meine Hape Kerkeling CD zu Ende und ich bin fast ein bisschen unglücklich und fühle mich ohne Hapes Stimme, die mich die letzten 700 Kilometer jede Sekunde begleitet hat, sehr einsam. Zu allem Überfluss gibt es in Vinci die Straße nicht, die ich mir als Hotel-Adresse notiert habe. Ups! Ich residiere gar nicht in dem Geburtsort des italienischen Malers und Gelehrten Leonardo da Vinci, sondern in Lamporecchio ein paar Kilometer weiter. Typisch, das mir das jetzt das erste Mal auffällt! Aber auch in Lamporecchio kann mein Navi mit der angegebenen Adresse nichts anfangen. Doch zum Glück begegne ich einem alten Mann, der eine Ziege an der Leine spazieren führt, und er zeigt auf einen Weg, den ich zuvor schon einem entlang gefahren bin, bei dem ich aber aufgrund der unbefestigten Straße befürchtet habe, dass er mich mitten ins Nirgendwo führen wird. Letztendlich komme ich doch irgendwann an und bin so erschöpft, dass ich unter der gemütlichen Loggia der Villa Medievale fast einschlafe, während die nette Hotelbesitzerin noch schnell mein Zimmer herrichtet. Ich bin nämlich etwas zu früh.
In Vinci schlendere ich die engen Gässchen bis zum Castello hinauf, schaue über die weite Hügellandschaft, zünde in einer kleinen Kirche eine Kerze an und setze mich in das kleine Schlossrestaurant, in dem Helga Nele kennen lernen wird. Auch ein Häuschen, in dem Eduardo, der „Taxifahrer“ von Vinci, wohnen könnte, ist schnell gefunden. Es ist über und über mit Efeu bewachsen, nur Türen und Fenster schauen noch heraus.
Schon während meines kleinen Spaziergangs durch das pittoreske Städtchen ist mir kaum eine Menschenseele begegnet, doch dass in Italien jetzt im April einfach noch keine Touristensaison herrscht, wird mir noch deutlicher bewusst, als ich nach einem netten Lokal suche, in dem ich eine Kleinigkeit essen kann. Entweder sind die Restaurants noch geschlossen oder sie sind zwar geöffnet, aber leer. Letztendlich entscheide ich mich für das Chez Walter, wo ich zwar ebenfalls der einzige Gast bin, aber zumindest einige Angestellte einen Tisch weitersitzen und sich in ohrenbetäubender Lautstärke eine Fernsehserie anschauen. Jetzt wird es wirklich Zeit, dass ich wieder heimfahre!